Café Hawelka

Wie ich in meinem Beitrag über des Trześniewski erzählt habe, fange ich meine Wienbesuche meistens dort mit ein paar Brötchen und einem Glas Gemischter Satz an. Eine weitere lieb gewonnene Angewohnheit ist anschließend ein Besuch des gleich gegenüber liegenden Café Hawelka. Es ist praktisch Teil zwei der Zeitreise, denn auch das Hawelka erinnert mit seinem Flair und seiner Einrichtung an längst vergangene Zeiten. Das Hawelka ist eine Institution in Wien, eines der letzten Literaten- und Künstlercafés.

Hinweisschild zum Café Hawelka - www.wien-erleben.comIch habe auf Tripadvisor einige Kritiken gelesen die bemängeln, dass die Einrichtung schon sehr alt und etwas abgewetzt ist. Die waren der Meinung dass unbedingt einmal renoviert werden müsste. Da bin ich genau der gegenteiligen Meinung, gerade dass hier nicht renoviert wird macht das Besondere an diesem Café aus. Es hat einfach etwas, was den neuen Hochglanz-Cafés fehlt – Charme, Atmosphäre und Gemütlichkeit.

Jö schau, so a Sau…

Das Hawelka hat bei mir auch einen hohen Stellenwert, weil ich es seit meiner Jugendzeit durch das Lied von Georg Danzer kenne. Der hatte mit dem Song „jö schau“ im Jahr 1975 seinen Durchbruch. Er singt „Jö schau, so a Sau, Jassas na. Wos macht a Nackerter im Hawelka?“, weiter unten in diesem Bericht erzähle ich etwas mehr zu diesem Lied.

Die Inneneinrichtung im Café Hawelka stammt aus dem Jahr 1913 - www.wien-erleben.com

Auf alle Fälle ist es toll im Hawelka die Atmosphäre dieses Künstlercafés zu genießen und das rege Treiben im Lokal zu beobachten. Es gibt zwar auch einen schönen Gastgarten, aber die Einzigartigkeit des Café Hawelka ist für mich eindeutig innen im Lokal. Und eine besondere Spezialität im Café sind die Buchteln – unbedingt probieren. Auch das Personal ist so gekleidet, wie man sich einen echten Wiener Kaffeehaus-Kellner vorstellt. An dieser Stelle möchte ich auch einmal anmerken, dass die Kellner in Wien nicht so unfreundlich sind wie ihr Ruf das besagt. Ich wurde so gut wie immer höflich und zuvorkommend bedient. Auch als ich einmal den Oberkellner fragte, ob ich ein Foto von ihm machen darf, willigte er gleich ein und war sehr erfreut über mein Ansinnen.

Oberkellner des Café Hawelka - www.wien-erleben.com

Das Café stellt eines der letzten großen zentraleuropäischer Tradition entsprechenden Literaten- und Künstlerkaffeehäusern dar, wie in Wien beispielsweise das Café Central vor dem Ersten Weltkrieg und das Café Herrenhof vor dem Zweiten Weltkrieg.

Die Geschichte des Café  Hawelka

Im Café Hawelka ist die Einrichtung noch original - www.wien-erleben.comDas Café blickt auf eine lange Tradition zurück. In diesen Räumen wurde 1913 die Chatham-Bar eröffnet, die erste American Bar in Wien. Die elegante Inneneinrichtung, wovon Teile bis heute erhalten sind, war von Rudolf Schindler, einem Schüler von Otto Wagner und Adolf Loos. Später wurde hier das Café Karl betrieben, dass zum Schluss jedoch schon ziemlich heruntergekommen war.

Leopold Hawelka betrieb ab 1936 das Café Alt Wien in der Bäckerstraße. Im Mai 1939 übernahmen Leopold und seine Frau Josefine das Café in der Dorotheergasse 6. Das Café musste aber schon bald wieder schließen, da der zweite Weltkrieg ausbrach und Leopold Hawelka zur Wehrmacht eingezogen wurde. Als die Hawelkas 1945 nach Wien zurückkehrten, stellten sie fest, dass ihr Kaffeehaus wie durch ein Wunder, trotz der beträchtlichen Schäden an den meisten umliegenden Gebäuden, den Krieg ohne eine einzige zerbrochene Glasscheibe überlebt hatte. Im Herbst 1945 wurde es von den Hawelkas wieder eröffnet.

Buchteln, eine Spezialität im Café Hawelka - www.wien-erleben.com

Nach Ende der Besatzungszeit ab 1955 entwickelte sich das Café rasch zum Treffpunkt für Schriftsteller und Kritiker wie Heimito von Doderer, Friedrich Torberg und Hans Weigel. Nach der Schließung des Cafés Herrenhof 1961 zog es weitere Künstler ins Hawelka. Das Café wurde zum wichtigsten Treffpunkt der Wiener Kunstszene der Zeit. Zu den Stammgästen gehörten unter anderen Friedrich Achleitner, Ernst Fuchs, Elfriede Gerstl, André Heller, Alfred Hrdlicka, Friedensreich Hundertwasser, , Richard Matouschek, Helmut Qualtinger, und Oswald Wiener. In den 1960er und 1970er Jahren erlebte das Café mit seiner von Künstlern und Individualisten geprägten Atmosphäre seine Glanzzeit.

Café Hawelka gut besucht - www.wien-erleben.com

Heimito von Doderer schrieb 1960 über das Hawelka: „Es ist bereits in London bekannt, und es treffen auch Leute aus Paris und den Niederlanden im Café Hawelka ein“ – und warum: „Letzten Endes nur deshalb, weil Herr Hawelka nicht renoviert.“ In der Tat ist das Interieur der Räumlichkeiten, seit 1913 unverändert geblieben. Eine Wand wurde mit Plakaten bedeckt, die die neuesten Ausstellungen, Konzerte und Lesungen bewarben (eine Innovation von Leopold Hawelka,), an den anderen Wänden wuchs Herr Hawelkas Sammlung von Bildern seiner talentierteren Gäste.

Das Café Hawelka inspirierte den Stammgast Georg Danzer zu seinem 1975 veröffentlichten Lied „Jö schau“. Dieser Song war einer der Ersten des Austro Pop und machte Georg Danzer über Nacht berühmt. Es war sein einziger Nummer-eins-Hit. Das Lied war 20 Wochen in den Charts, davon 8 Wochen auf Platz 1. Zur Single wurde auch ein Musikvideo im Café Hawelka gedreht. Die Caféhausbesitzer Josefine und Leopold Hawelka, die auch im Liedtext erwähnt werden, spielen mit. 2004 wurde Jö schau in der ORF-Show Austropop Show zu einem der zehn besten Austropop-Lieder der Geschichte gewählt. Den Link zum Video findest Du am Ende dieses Beitrags bei den Informationen.

Die Plakatwand im Café Hawelka - www.wien-erleben.com

Im Jahr 2002 wurde der Dokumentarfilm „Königin Josefine – Die Hawelkas und ihr Café“ gedreht. Es zeigt das Ehepaar und die Geschichte seines Cafés. Im Herbst 2009 erschien das Buch Darf man als Nackerta ins Hawelka? – Knigge für Fortgeschrittene von Helmut A. Gansterer.

Am 22. März 2005 starb Josefine Hawelka, nachdem sie das Café 66 Jahre lang mit ihrem Mann geführt hatte. Sie hatte auch die Spezialität des Lokals, die Buchteln, nach dem Rezept ihrer böhmischen Schwiegermutter gebacken. Bis zu seinem Tod im Dezember 2011 saß Leopold Hawelka oft am Eingang und begrüßte ankommende Gäste. Die Buchteln werden seitdem von Sohn Günter nach dem alten Rezept vorbereitet und von Amir Hawelka gebacken. Die Enkel Amir und Michael führen das Café heute weiter.

Im Café Hawelka Kaffee genießen - www.wien-erleben.com

Informationen

Adresse: Dorotheergasse 6, 1010 Wien (1. Bezirk)

Öffentliche Verkehrsmittel: U1 / U3 Station Stephansplatz

Öffnungszeiten: Mo – Do: 08.00 bis 00.00 | Fr – Sa: 08.00 bis 01.00 | So: 10.00 bis 00.00 | Feiertags: 10.00 bis 00.00

Web: www.hawelka.at

Telefon: +43 1 512 82 30

Video “Jö schau”: https://www.youtube.com/watch?v=AgVVBgTF-eg

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