Der Wiener Zentralfriedhof ist sicher jedem ein Begriff. Allein durch seine Größe aber natürlich auch durch Wolfgang Ambros und seinen Song „Es lebe der Zentralfriedhof“. Und viele werden ihn auch schon mal besucht haben, während des Tages innerhalb der Öffnungszeiten.
Wer den Zentralfriedhof aber einmal ganz anders erleben möchte, menschenleer, im Dunkeln, mystisch und etwas schaurig, der sollte eine Nachtführung dort mitmachen. Diese finden in der dunklen Jahreszeit nach Schließung des Friedhofs statt.
Erfahren habe ich von diesen Führungen durch den historischen Wienkrimi „Das Buch des Totengräbers“ von Oliver Pötsch (übriges sehr lesenswert…). Dieser schreibt im Epilog über seine Teilnahme an den Nachtführungen von GabiTours. Das hat mich natürlich gleich angesprochen und kam auf meine Liste für kommende Wienbesuche.
Um dabei zu sein sollte man aber frühzeitig reservieren, die Termine sind sehr gefragt und schnell ausgebucht. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an GabiTours, die eine Teilnahme noch möglich gemacht hat.
Anfang Dezember war es dann soweit, ich fand mich am Treffpunkt Tor 2 (Haupttor) für die Führung um 21.30 Uhr ein. Kurz vor Beginn kam noch ein eiskalter Wind auf. Ich kann bei kühler Witterung nur empfehlen sich sehr warm anzuziehen.
Dann wurden wir von unserer Führerin Veronika begrüßt und mit Taschenlampen ausgestattet. Und nach ein paar Worten zu Organisatorischem geht es auch gleich los, rein in den Zentralfriedhof.
Anfangs erfahren wir einiges über die Größe und die Geschichte des Zentralfriedhofs sowie warum er gerade an diesem Ort weit außerhalb des damaligen Wiens entstanden ist. Auch warum es inzwischen Halloween-Partys am Zentralfriedhof gibt erklärt uns Veronika sachkundig.
Dann geht es kreuz und quer durch die Gräber zu den vielen interessanten Stationen an denen wir themenbezogen geschichtliches verpackt in schaurige Geschichten erfahren. Bei den Anatomiegräbern lernen wir einiges über den damals weit verbreiteten Glauben an Wiedergänger und Vampire. Und wer wissen will, warum es ohne Kaiserin Maria Theresia und ihren Leibarzt Gerard van Swieten wahrscheinlich den Roman Graf Dracula gar nicht gäbe, der muss unbedingt an der Tour teilnehmen.
Mit einer leichten Gänsehaut geht es weiter durch die Finsternis zu anderen Stationen mit informativen aber auch immer etwas gruseligen Geschichten, die in der Dunkelheit und Stille noch unheimlicher wirken. So machen wir halt am Denkmal des Ringtheaterbrands. Bei diesem Brand im Dezember 1881 starben 384 Personen und wir erfahren was dies für Auswirkungen auf die Öffnungsrichtung von Türen in öffentlichen Gebäuden hatte und warum es die Geburtsstunde der modernen Forensik war.
Auch um prominente Verstorbene gibt es schaurige und makabre Geschichten, die wir im dunklen Zentralfriedhof von Veronika erfahren. Am Grab von Johann Nestroy erzählt sie uns was der Dichter aus Angst davor lebendig begraben zu werden in seinem Testament verfügt hat. Und auch die gruselige Story um den Kopf, der im Grab von Ludwig van Beethoven liegt lässt uns erschauern.
Und so geht es weiter, kreuz und quer durch den nächtlichen Zentralfriedhof, vorbei am Schatten der mächtigen, etwas beleuchteten Borromäuskirche zu den Kriegsgräbern und den Ehrengräbern der Politprominenz, immer gewürzt mit spannenden Geschichten.
Wenn sie wissen wollen, warum ein Japaner für viel Geld eine große Gruft kauft um damit ein Geschäft zu machen oder sie die Antworten auf die oben angerissenen Themen interessieren, dann kann ich ihnen nur empfehlen, sich gleich einen Platz zu sichern. Falls es ihnen nur im Sommer möglich ist nach Wien zu kommen, es gibt auch eine Tagestour am Zentralfriedhof oder weitere interessante Führungen wie „Wein & Friedhofstour Döbling“, „Corona, Pest und Cholera“, „Jüdisches Wien“ oder „Starke Frauen“.
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Informationen
Führung: Der Zentralfriedhof bei Nacht (Dauer ca. 2 Stunden, Führungssprache deutsch, Preis 38,- EUR, Mindestalter für die Teilnahme 14 Jahre)
Startpunkt: Zentralfriedhof 2. Tor, 1110 Wien (11. Bezirk)
Öffentliche Verkehrsmittel: Straßenbahnlinien 11 und 71
Führungen: Von Oktober bis März, genaue Termine, Beginnzeiten und Anmeldung auf der Website
Durchführung: GabiTours in Kooperation mit der Friedhöfe Wien GmbH
Telefon: +43 663 032 340 09
Mail: office@gabitours.at
Web: www.gabitours.at
Instagram: gabitours